Wissenschaftler entwickeln einheitliches Modell für die intramolekulare Singulett-Spaltung

Bild: FAU
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Gibt es Wege, die Effizienz von organischen Solarzellen signifikant zu erhöhen? In Zeiten von Klimawandel und Energiewende ist diese Fragestellung mehr denn je von entscheidender Bedeutung. Ein physikalisch-chemischer Vorgang, der das theoretische Effizienzlimit von Solarzellen nennenswert erhöhen kann, ist der Prozess der Singulett-Spaltung (engl.: Singlet Fission). Obwohl die Entdeckung dieses Prozesses bereits etwa 50 Jahre zurückliegt, ist sein exakter Mechanismus bis heute nicht gänzlich verstanden.

Wissenschaftlern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist nun in Kooperation mit dem Argonne-Northwestern Solar Energy Research Center (ANSER, Northwestern University, Evanston, USA) erstmals gelungen, den Mechanismus dieses Prozesses in einem kinetischen Modell zu vereinheitlichen und dies sowohl experimentell als auch theoretisch zu untermauern.Die Ergebnisse ihrer Forschung, die im Rahmen der Emerging Fields Initiative (EFI) der FAU gefördert wurde, wurden in der jüngsten Ausgabe der angesehenen wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Nature Communications“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.*

Wird ein Molekül durch Licht in ein höheres Energieniveau angeregt, so kann diese Energie in organischen Solarzellen zur Erzeugung von elektrischem Strom genutzt werden. Werden hierbei nun kristalline Filme bzw. molekulare Aggregate oder Dimere bestimmter chemischer Verbindungen verwendet, so ist es möglich, dass die überschüssige Energie eines Moleküls benutzt wird, um ein zweites Molekül in direkter Nachbarschaft elektronisch anzuregen. Im Anschluss an diesen Prozess befindet sich dann in beiden Molekülen je ein Elektron in einem Zustand höherer Energie. Dieser Prozess wird als Singlet Fission bezeichnet. Eben diese Verdopplung der Ladungsträger kann im günstigsten Fall eine 50%ige Steigerung der Leistung von Solarzellen mit sich bringen. Um Singlet Fission-basierte Solarzellen zu entwickeln, ist es jedoch von fundamentaler Bedeutung, den zugrundeliegenden Mechanismus vollständig zu verstehen, um so durch zielgerichtetes Moleküldesign geeignete Verbindungen herstellen und in die Zellen implementieren zu können.

In einer internationalen Kooperation um Prof. Dr. Dirk M. Guldi, Lehrstuhl für Physikalische Chemie I, Prof. Rik R. Tykwinski, University of Alberta, Prof. Dr. Michael Thoss, Lehrstuhl für Theoretische Festkörperphysik, Prof. Dr. Tim Clark, Computer-Chemie-Centrum (CCC) und Prof. Michael R. Wasielewski, ANSER, ist es den Wissenschaftlern durch ein Zusammenspiel verschiedenster zeitaufgelöster Spektroskopiemethoden und theoretischer Berechnungen erstmals gelungen, ein vereinheitlichtes Modell für den Single Fission-Prozess zu erarbeiten, das alle entscheidenden Intermediate der Singulett-Spaltung beinhaltet.

Der Schlüssel hierfür lag zunächst im geeigneten Moleküldesign. So wurde gezielt ein molekulares Dimer aus zwei Pentacen-Einheiten synthetisiert, welches bezüglich räumlicher Orientierung und elektronischer Kopplung derart optimiert wurde, dass es für verschiedenste photophysikalische Messmethoden zugänglich wurde. Im Anschluss daran wurde mittels transienter Absorptionsspektroskopie der Deaktivierungsprozess der molekularen Einheit von der Anregung durch Licht bis hin zur vollständigen Repopulation des elektronischen Grundzustands verfolgt.

Erstmals wurden zusätzlich zeitaufgelöste Elektronenspinresonanz-Messungen durchgeführt, welche Aufschluss über die genauen Spinzustände der angeregten Elektronen gaben. Die Synergie der aus diesen Methoden erhaltenen Informationen ermöglichte schließlich die Ausarbeitung des mechanistischen Modells. Theoretische Berechnungen lieferten dabei eine wichtige Hilfestellung zur Interpretation der Ergebnisse und konnten diese zusätzlich untermauern.

Die Forscher erhoffen sich, dass die Ergebnisse ihrer Arbeit ein noch zielorientierteres Moleküldesign ermöglichen werden und man so einer Single Fission-basierten Solarzelle einen weiteren Schritt nähergekommen ist. Jedoch ist weitere Grundlagenforschung unerlässlich, um den Einfluss verschiedenster Parameter auf die Effizienz von SF zu studieren.

*doi: 10.1038/ncomms15171 (2017)

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