Reaktive Metallringe
FAU-Forschungsteam baut metallisches Magnesium in Ringe aus Metall-Kationen ein
Zur Erinnerung: Vor wenige Jahren erzielten die Forscherinnen und Forscher um Professor Sjoerd Harder einen Durchbruch auf dem Gebiet der Magnesiumchemie (Nature 2021, 592, 717). Magnesium, das in chemischen Verbindungen normalerweise zweifach positiv geladen ist, wurde in molekularer Form in der elementaren Oxidationsstufe Null stabilisiert. Jetzt stecken die neuesten Ergebnisse dieses Forschungsteams die Grenzen der Magnesium-Chemie abermals neu ab.
Redox-aktive inverse Kronen-Komplexe
Zyklische Ether-Moleküle sind in der Lage positiv geladene Metall-Kationen (M+) selektiv zu komplexieren. Aufgrund der großen Ähnlichkeit mit einer Krone, werden solche Komplexe auch Metall-Kronenether-Komplexe genannt. Die große Bedeutung solcher Metalla-Kronen brachte den Forschern Cram, Lehn und Pedersen im Jahr 1987 den Nobelpreis ein.
Inverse Kronen-Komplexe sind, wie der Name schon vermuten lässt, genau umgekehrt aufgebaut: Ein Ring aus Metall-Kationen komplexiert negativ geladene Anionen. Das FAU-Team um Professor Sjoerd Harder, Lehrstuhl für Anorganische und Metallorganische Chemie, gelang nun erstmalig der Einbau von metallischem Magnesium in eine solche inverse Krone. Dieser Komplex kombiniert zweierlei wichtige Funktionen. (1) Das nullwertige Magnesium-Metall Atom kann zwei Elektronen liefern und somit Moleküle reduzieren. (2) Die hieraus entstehenden negativ geladenen Anionen können dann direkt im Ring aus positiv geladenen Metall-Kationen eingefangen werden. Weil das entstehende Produkt besonderes stabil ist, laufen solche Reaktionen extrem schnell ab.
In ihrer Veröffentlichung in der renommierten Fachzeitschrift Nature Chemistry zeigen die Forscher beispielsweise die Zersetzung von Distickstoffmonoxid (N2O), besser bekannt als Lachgas, welches bei der Geburtshilfe oder in der Zahnmedizin als Narkosegas eingesetzt wird. Lachgas kommt in der Erdatmosphäre als Spurengas vor und gehört wie Kohlstoffdioxid (CO2) zu der Gruppe der atmosphärischen Treibhausgase. Dabei ist es aber fast 300-mal effizienter in der Erwärmung der Erde als CO2. Quellen für das in der Erdatmosphäre vorkommende N2O sind vor allem großindustrielle Prozesse und intensive Landwirtschaft mit stickstoffhaltigen Düngemitteln. Als besonders langlebiges Treibhausgas wird es in der Troposphäre allerdings kaum abgebaut. Die hochreaktiven inversen Kronen-Komplexe der FAU-Wissenschaftler jedoch reagieren innerhalb weniger Sekunden mit N2O und das sogar bei extrem niedrigen Temperaturen von –80 °C!
Obwohl eine derartig hohe Reaktivität die Wirkungsweise dieser redox-aktiven inversen Kronen-Komplexe eindrucksvoll demonstriert, interessiert sich das FAU-Team in erste Linie für die Stabilisierung von bisher noch nie isolierte Anionen wie CO22ˉ in der Krone. Obwohl nicht viel über dieses Ion bekannt ist nimmt man an, dass es eine Hauptrolle beim elektrochemischen Abbau von CO2 einnimmt. Da ein fundamentales Verständnis der Elektronentransfer-Prozesse und Intermediate letztendlich der Schlüssel zur Weiterentwicklung dieser Chemie ist, sind derartige Modellkomplexe wie die inverse Krone von großer Relevanz.
Weitere Informationen
Originalpublikation:
J. Maurer, L. Klerner, J. Mai, H. Stecher, S. Thum, M. Morasch, J. Langer, S. Harder Nature Chemistry 2025, https://www.nature.com/articles/s41557-024-01724-5
Kontakt:
Prof. Dr. Sjoerd Harder, PhD
Department Chemie und Pharmazie
Lehrstuhl für Anorganische und Metallorganische Chemie (Prof. Dr. Harder)
- Telefon: +49913185-27350
- E-Mail: sjoerd.harder@fau.de