Erich Lange
Prof. Dr. Erich Lange
Nachruf
Erich Lange wurde am 26.11.1896 in Hartha bei Waldheim (Sachsen) geboren. Unmittelbar nach Beendigung seiner Schulzeit in Mittweida und Chemnitz wurde er zum Militärdienst eingezogen, der für ihn 1919 mit der Internierung in Konstantinopel endete. Danach begann er ein Studium an der Technischen Hochschule in Dresden. Die 1922 begonnene Diplomarbeit führte er unter Anleitung von Erich Müller aus.
1924 promovierte er in Dresden zum Dr. ing. mit einer bei Kazimierz Fajans ausgeführten Arbeit über Lösungs- und Verdünnungswärmen einiger Alkalihalogenide von äußerster Verdünnung bis zur Sättigung. Auf dem Gebiet der Verdünnungswärme von starken und schwachen Elektrolyten bei sehr großer Verdünnung und der Erforschung von Zusammenhängen mit der Debye-Hückelschen Theorie habilitierte er sich 1928 bei seinem Lehrer Fajans an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Arbeiten über Verdünnungswärmen verlangten eine besondere experimentelle Genauigkeit. So haben Lange und seine Mitarbeiter erstmalig eine Temperaturempfindlichkeit von 10-7 °C erreichen können, ein Spitzenwert, der lange kaum übertroffen werden konnte.
Aus der Schule E. Müllers und K. Fajans stammen auch noch Langes erste Arbeiten über potentiometrische Fällungstitrationen. Ausgehend von der Methodik gelangte er in München bald zu einer Folge grundsätzlicher Studien über potentialbestimmende Ionenadsorption an Fällungen, wie den Silberhalogeniden.
1932 wurde Lange als Nachfolger des ersten Vertreters eines selbständigen Faches Physikalische Chemie, nämlich Günter Scheibe, auf das „Extraordinariat für Physikalische Chemie“ an die Universität Erlangen berufen. Da er in München maßgebend bei der Planung des neuen Fajansschen Instituts beteiligt war, konnte er, auf seinen Erfahrungen aufbauend, sein eigenes Forschungsinstitut für die damalige Zeit vorbildlich gestalten. 1958 wurde er zum persönlichen Ordinarius ernannt. 1959 gelang ihm der Aufstieg zum planmäßigen Ordinarius und die Einrichtung eines selbständigen Instituts, das er in hartnäckigen Bemühungen im Gebäude der Angewandten Chemie (Schuhstraße 19) so wuchern ließ, bis er es zu einem geachteten Zentrum elektrochemischer Forschung ausgebaut hatte.
Elektrochemie
Bereits 1933 publizierte er einen Artikel über die Elektrochemie der Phasengrenzen im Handbuch der Experimentalphysik, der den Elektrochemikern viele Jahre lang als wesentliche Grundlage für eine wissenschaftliche Betrachtung der Vorgänge an elektrochemischen Elektroden gedient hat. Von diesem Handbuchartikel über Phasengrenzpotentiale ausgehend widmete sich Lange bereits in den ersten Erlanger Jahren der weiteren Erforschung dieses Gebietes, und zwar schon nicht bloß der experimentellen Seite, sondern mehr noch den Fragen der Begriffsbestimmung. Im Interesse einer Förderung des chemischen Unterrichtes, ebenso wie zum Aufbau eines festgefügten Fundamentes sind ihm Nomenklaturfragen solcher Art zum wichtigsten Anliegen, ja man kann sagen, zu einer Herzenssache, geworden.
Ab 1952 hat ihm die Bestimmung der Verdünnungswärmen der verschiedensten anorganischen und organischen Substanzen in Wasser und anderen Lösungsmitteln wieder ein schier unerschöpfliches Arbeitsfeld geboten, das er meisterhaft beherrschte. Rechnet man auch seine Untersuchungsreihe über die elektrolytische Peltierwärme und die Peltierwärmen an metallischen Zweiphasensystemen, sowie über die Temperaturkoeffizienten der Dielektrizitätskonstante von Wasser hinzu, so ergibt sich allein in seiner thermochemischen Arbeitsrichtung eine stattliche Liste von etwa 75 Veröffentlichungen.
Die Elektrochemie verdankt Lange und seinen Mitarbeitern eine große Zahl hervorragender experimenteller Untersuchungen, verbunden mit vertieften grundsätzlichen Einsichten über die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Phasengrenzpotentialen und Grundüberspannungen oder über die zwei- und mehrfachen Elektroden. Hieraus entwickelten sich als wichtige Forschungsrichtungen die umfassenden Studien über die Voltaspannungen und die Erforschung anderer Elektrodenvorgänge. Mit der Messung der Volta-Spannung, deren Methodik er verbesserte, konnte er viele wichtige Erkenntnisse über Vorgänge an Phasengrenzen gewinnen, so z.B. über die Chemisorption, über Oberflächenverbindungen und nicht zuletzt über die meteorologisch interessante Reifbildung an H2O-Phasen oder über den nicht zu vernachlässigenden Potentialsprung Metall/Metall in galvanischen Ketten. Seine Forschungen über anodische Prozesse vertieften das grundsätzliche Wissen vom elektrolytischen Polieren, trugen zur Aufklärung von Passivitätserscheinungen bei und lieferten eine Fülle wertvollen Materials über die Entstehung anodischer Deckschichten.
Neben der großen Zahl von mehr als 200 wissenschaftlichen Orginalarbeiten hat Erich Lange auch eine Anzahl Kapitel in Handbüchern, wie z.B. im Landolt Börnstein, verfasst. Er veröffentlichte ein Buch über „Chemische Thermodynamik“ (1949) und 1961 ein zweites Buch (gemeinsam mit H. Göhr) über „Grundlagen der Thermodynamischen Elektrochemie“.
Langes hervorragende wissenschaftliche Leistungen haben im In- und Ausland wohlverdiente Anerkennung gefunden. So wählte ihn das Comite International de Thermodynamique et de Cinetique Elektrochimiques (CITCE) 1954 zum Vizepräsidenten (bis 1957). Die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig hat ihn 1961 zum Korrespondierenden Mitglied ernannt.
Dem Ständigen Ausschuß der Deutschen Bunsen-Gesellschaft gehörte er von 1958 -1961 an.